Ein Beitrag von: Adrian Rohnfelder
Ich stehe am Vulkan Tolbachik auf Kamtschatka, einer Halbinsel im Osten Russlands, und beobachte fasziniert aus sicherer Entfernung ein grandioses natürliches Feuerwerk. Aus sicherer Entfernung? – Denke ich, denn plötzlich schießt eine knapp 50 cm lange Lavabombe auf mich zu und landet keine drei Meter links von mir.
Ich habe den Vulkan lange beobachtet – Auswurfrichtung, -weite sowie -intensität – und einen entsprechend entfernten Standort gewählt. Eine Garantie gibt es aber bei Mutter Natur natürlich keine, wie dieses Beispiel zeigt. Nach dem ersten Schreck zücke ich natürlich meine Kamera, denn so ein frisch glühendes Motiv bekommt man nicht häufig vor die Linse.
Seit 2008 und einem „urzeitlichen Blick“ auf die sogenannte Tengger-Caldera in Indonesien und ihre zwei aktiven Vulkane sind Hitze, Staub und lebensfeindliche Umgebungen meine Wohlfühloase. Mit ihren ohrenbetäubenden Explosionen, gewaltigen Druckwellen, fast unerträglichen Temperaturen und gigantischen Feuerwerken lassen mich diese „heißen Berge“ mit allen Sinnen die Kraft der Natur spüren.
Aber auch die Berge an sich mit ihren teilweise fast perfekt symmetrischen Kegelformen begeistern meine Augen, wie etwa der wunderschöne Klyuchevskoy in Kamtschatka und der heilige Fuji-san in Japan.
Lava ist für mich eines der schwierigsten Motive überhaupt. Auf der einen Seite überstrahlt sie aufgrund der extrem heißen Temperaturen bei zu langer Belichtungszeit sofort. Auf der anderen Seite benötigt der dunkle Krater jedoch eine längere Belichtungszeit, um noch Zeichnung aufzuweisen. Hier gilt es, mit verschiedenen Einstellungen zu experimentieren, bis die optimale Kombination aus Blende und Zeit gefunden ist.
Meine Tipps für die Vulkanfotografie
Ein beliebtes Motiv ist das vulkanische Feuerwerk bei Nacht. Da es jedoch so manchen Autofokus überfordert, empfehle ich, vorab mehrere Testaufnahmen mit manueller Scharfstellung zu machen, um wirklich den optimalen Schärfepunkt zu treffen.
Ein weiteres Problem bei nächtlichen Aufnahmen ist die fehlende Zeichnung in den dunklen Bereichen, also dem Vulkan selbst. Aus diesem Grund plane ich meine Reisen jeweils zu einer Zeit um den Vollmond herum.
Bei Aufnahmen am Tag ist ein wolkenverhangener Himmel von Vorteil, da heller Sonnenschein austretende Gase ansonsten als weißen Schleier und Dunst auf den Aufnahmen erscheinen lässt.
Der beste Zeitpunkt zur Vulkanfotografie ist für mich die „Blaue Stunde“. In diesem schmalen Zeitfenster von Sonnenauf- bzw. -untergang ist das rote Glühen der Lava bereits gut zu sehen, aber auch noch genug Zeichnung in den dunkleren Bereichen sichtbar.
Zum besseren Verständnis der Detailaufnahmen nehme ich jeweils immer auch einige Bilder von der Eruption in ihrem Kontext auf. Das meint die Landschaft um den Vulkan herum wie auch die entsprechenden Größenverhältnisse. Das kann durch Menschen oder bekannte Gegenstände erreicht werden, wie auch durch Weitwinkelaufnahmen, die das Verhältnis von ausgestoßenen Aschewolken zur Größe des Vulkans an sich zeigen.
Wichtig aus meiner Sicht sind aber auch die sogenannten Aufnahmen „behind the scenes“. Also Fotos, die mich und meine fotografische Arbeit am Vulkan zeigen und anhand derer ich dann die Geschichte der Tour bzw. der entstandenen Vulkanbilder erzählen kann.
Und natürlich und zuallererst gilt die Regel: Safety first! Kein noch so einmaliges Motiv ist es wert, sich dafür in eine gefährliche Situation zu begeben und sein Leben zu riskieren! Also immer nur mit passender Ausrüstung sowie in Begleitung eines erfahrenen Guides auf solche fotografischen Expeditionen gehen.
Diese Leidenschaft hat mich in den vergangenen Jahren an viele einzigartige Orte auf unserem Planeten geführt: In den Süden Japans zum aktivsten explosiven Vulkan der Erde, dem Sakurajima mit seinen sogenannten „schmutzigen Gewittern“. Nach Hawaii, wo sich die Lava am sogenannten „Ocean Entry“ ein unglaubliches Duell mit der Kraft des Ozeans liefert. Nach Äthiopien zum Lavasee Erta Ale in der Danakil-Wüste mit seinem direkten Blick in das Herz unserer Erde. Und Anfang dieses Jahres in die unendlichen weißen Weiten der Antarktis.
Volcanic Seven Summits – Antarktis
Für mein aktuelles Projekt „Volcanic Seven Summits“ ging es zu einer exklusiven Expedition zum höchsten Vulkan der Antarktis, dem Mount Sidley, denn für mein Projekt besteige ich die höchsten Vulkane jedes Kontinents, was mich 2017 und 2018 neben der Antarktis noch nach Tansania, Russland, Mexiko, Chile, Papua Neu-Guinea und in den Iran führen wird. Mit jeder Tour möchte ich dabei Neuland entdecken bzw. mich einem anderen fotografischen Thema widmen.
Der knapp 4.300 m hohe und erloschene Vulkan Mount Sidley liegt im größten Niemandsland unseres Planeten, im Marie-Byrd-Land. In der gesamten Geschichte der Menschheit waren wir erst die sechste Expedition überhaupt dorthin. Vor uns haben keine 30 Menschen diese Region zu Gesicht bekommen. Laut Ausschreibung ist sie daher weniger erforscht als der Mond.
Ich habe dort grenzenlose Freiheit, Ruhe, Zufriedenheit und absolute Schönheit erlebt – wobei es eigentlich unmöglich ist, dieses Gefühl der Einmaligkeit und Exklusivität in Worte zu fassen. Ich habe dort viele spannende Abenteuer erlebt mit Gletscherspalten, anstrengenden Aufstiegen, härtestem Blaueis, eisigen Toiletten und spiegelglatten Landebahnen im Nirgendwo.
Meine Ausrüstung
Bevor ich mich nun der „eisigen Fotografie“ widme, vorab ein paar Worte zu meiner Ausrüstung. Mein Schwerpunkt liegt auf dem Erzählen von Geschichten. Ich möchte die Betrachter*innen hautnah an meinen Abenteuern teilhaben lassen, ihnen die genannten Herausforderungen miterleben lassen. Um sie so „live“ wie möglich selbst in diese exklusiven Regionen reisen zu lassen.
Dazu muss ich meine Kamera unter extremsten Bedingungen jederzeit griffbereit haben! Oberste Priorität hat für mich somit die Robustheit, knapp gefolgt von Gewicht und Handlichkeit. Ich habe mich daher für das Micro-Four-Thirds-Format und Olympus entschieden.
Meine Ausrüstung besteht aus der E-M1 Mark II mit den entsprechenden Pro-Objektiven von Fischauge bis Tele. Als Backup bzw. Immer-dabei-Kamera nutze ich eine wasserdichte Olympus Tough TG-5 .
Die Antarktis ist der windigste, kälteste und trockenste aller Kontinente. Temperaturen unter -20 °C sind keine Seltenheit. Trotzdem ist unter Beachtung einiger einfacher Regeln das Fotografieren problemlos möglich.
Meine Tipps für die Fotografie im Eis
Die aus meiner Sicht wichtigste Regel: Sich selbst wohl fühlen! Wer etwa friert und dadurch nur mit sich beschäftigt ist, wird nicht in der Lage sein, dann auch noch Energie für das Fotografieren aufzubringen.
In Bezug auf die Kleidung gilt: Handschuh weg bedeutet Hand weg. Das Erfrieren zumindest einzelner Finger ist dann nur eine kurze Frage der Zeit. Also immer Ersatz einpacken und die Handschuhe mit Schlaufen um das Handgelenk vor dem Verlieren sichern.
Sehr wichtig aus meiner Sicht ist auch ein festes Ordnungssystem. Ich verstaue alles immer möglichst am gleichen Platz. Wenn es unter extremen Bedingungen schnell gehen muss, sollte jeder Handgriff sitzen.
Bei der extremen Kälte halten die Akkus nicht sehr lange durch. Ich habe daher immer zwei Batterien warm am Körper in meiner Brusttasche getragen und regelmäßig durchgetauscht.
Neben der Ausrüstung sind natürlich auch Besonderheiten beim Fotografieren und den Einstellungen zu beachten. So liegt der Weißabgleich ab und an daneben und gleitet ins Bläuliche ab. Eine entsprechende Korrektur nehme ich jedoch erst nach einer Tour zu Hause am Rechner bei einer gemütlichen Tasse Kaffee im Warmen an den RAW-Dateien vor.
Auch die Belichtungsmessung stößt angesichts des vielen Weiß und der Reflexionen schnell an ihre Grenzen. Ich habe in der Antarktis meist um +0.5 bis +1.5 Stufen korrigiert.
Insgesamt war das Fotografieren unter den extremen antarktischen Bedingungen viel unkomplizierter als vielleicht gedacht. Ich hatte mir im Vorfeld so einige, zum Glück unnütze, Sorgen gemacht. Am Ende war es ein ganz normales fotografisches Arbeiten wie auf jeder anderen Tour.
Mehr über diese Tour, die notwendige Ausrüstung und viele Hintergründe findet Ihr daher bei Interesse gern auf meiner Website oder auch im aktuellen Outdoor Magazin (Ausgabe 09 September 2017).
Der nächste dieser sieben höchsten Vulkane auf meiner Liste ist der Kilimandscharo. Neuland hierbei wird jetzt im September die geplante Erstbesteigung mit einem E-Bike. Der fotografische Schwerpunkt an diesem Berg liegt dabei auf dem Thema „Storytelling“. Mehr dazu dann gern an dieser Stelle hier im Herbst.
kwerfeldein – Magazin für Fotografie http://ift.tt/2gvWFqG
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