Tuesday, February 5, 2019

Vom Kneipenchor des Zweifels

Ein Beitrag von: Jan Tschatschula

Ich schiebe diesen Text mittlerweile seit Monaten vor mir her. Anfangs noch durchaus motiviert und sogar mit dem Engagement versehen, ein Konzept zu schreiben und ganz klassisch verschiedene Punkte aufzugliedern. Später entwickelte sich dann eine absolute Unkreativität und Ideenlosigkeit. Und dann: Nichts.

Dabei sollte der Artikel im Grunde genau das aufgreifen: Die mangelnde Kreativität, die Frage, wie es von der Idee zur Umsetzung kommt und all diesen tollen Dingen, die man bei anderen Fotograf*innen immer wieder sieht und liest.

Da schreiben sie: „Ich hab’ da eine Idee und will sie umsetzen.“ Dann sieht man die Ergebnisse und denkt sich: „Krass, wie machen die das nur?“ Es ist ja nun nicht so, dass diese Schwerpunkte nicht psychologisch-philosophisch zu ergründen wären. Seit Jahrzehnten, Jahrhunderten und darüber hinaus haben sich Menschen diesem Schaffens-, Bearbeitungs- und Wahrnehmungsprozess gewidmet und sehr interessante Ansätze zu Tage gefördert.

Denke ich über diese Umstände nach, gelange ich aber immer auch an einen anderen, eventuell weniger philosophischen, aber umso psychologischeren Punkt: Die Plattform, über die ich überwiegend Bilder und die Geschichten hinter den Bildern konsumiere, ist Instagram. Und dort gibt es alles. Natürlich ist das jetzt runtergebrochen, denn dieses Alles gibt es ja überall. In Büchern, Museen, der Natur, irgendwo. Jedenfalls: Wenn es alles schon gibt, kann sich das schnell zu einem Problem entwickeln.

Detailaufnahme Schlüsselbein

Ein Szenario

Eine Idee wächst im Kopf, manifestiert, verdeutlicht sich und wird geboren. Das ist der berühmte Aha-Moment, verbunden mit einer gewissen Vorfreude. Zehn Minuten später: Mal wieder durch Instagram scrollen und feststellen: „Verdammte Scheiße, das gibt’s schon. Wo kommt das denn jetzt her?“ Vorfreude am Boden. Schaffensdrang auch, genau wie die Lust am Weitermachen. Wie soll man in diesem Moment nur damit umgehen?

Zuerst kommen da nämlich die Selbstzweifel um die Ecke und feiern ihr eigenes kleines Erfolgsfest, indem sie einem im lauten Chor verkünden, dass man gar nicht kreativ sei. Diesen grölenden Chor haben alle schon einmal gehört. Hier, auf kwerfeldein, gibt es mehrere Menschen, die sich diesem Thema annahmen. Sei es Stephanie Hagenstein, die sich mit ihren Bildern auf die Suche nach ihrer eigenen Kreativität begab oder Martin Neuhof, dem die Fotografie und gelegentlich die fehlende Kreativität ein Gefühl des Stillstands vermitteln; um nur zwei zu nennen.

Beide haderten, hinterfragten und kamen doch zum gleichen Ergebnis: Weitermachen! Denn nichts wäre schlimmer, als sich von lärmenden Zweifeln einreden zu lassen, dass es fortan nicht weitergehen würde. Das machen dann wohl auch die Wenigsten, nichtsdestotrotz hemmt und demotiviert es einen.

Letztlich ist es doch so: Es wird nichts Neues geschaffen, ohne sich nicht an Aspekten von schon Vorhandenem zu bedienen. So funktioniert Weiterentwicklung und Fortschritt nun einmal. Nichts entsteht aus dem Nichts. Keine Idee entsteht von einem Nullpunkt aus, vor dem nichts gewesen wäre. Wir bringen Erfahrungen, Erlebnisse und Emotionen mit, mit denen wir arbeiten und die nicht auszublenden sind, genau wie alle anderen Menschen um uns herum eben auch.

Düsteres Frauenportrait

Und bevor man in den Kneipenchor des Zweifels einstimmt, sollte man sich wohl viel eher darauf besinnen, dass Menschen, die bereits die gleiche Idee wie man selbst hatte, offensichtlich ähnlich wie man selbst denken. Und nicht nur das. Auch sie zweifeln. Denn, Obacht, fünf Euro ins Phrasenschwein: „Nobody’s perfect!“

Das klingt jetzt auf eine gewisse Art und Weise auch nach Konkurrenzdenken. Danach, als ginge es darum, der oder die erste mit einer Idee und ihrer Umsetzung zu sein. Im Run nach den meisten Likes, Reposts oder Features liegt der Gedanke ja auch gar nicht so fern.

Denn es fühlt sich natürlich gut an, wenn viele Menschen das eigene Bild mit so einem kleinen fluffigen Herz markieren. Klar fühlt sich das gut an, wenn viele Menschen dem eigenen Profil folgen und klar ist es schön, zu sehen, wenn Menschen die eigenen Bilder nett kommentieren. Und logisch, beliebter als andere zu sein wird sich immer besser anfühlen als anders herum.

Unschön wird’s, wenn man feststellt, dass die Likes zurückgehen, wenn keine Hashtags verwendet werden. Unschön wird’s, wenn die zehn neuen Follower*innen wieder weg sind, weil man ihnen nicht zurückfolgt. Und ebenfalls unschön ist es, zu bemerken, dass viele Kommentare nur dummer Copy&Paste-Müll sind, der auch unter 143 anderen Bildern im genauen Wortlaut zu finden ist. Das schadet allen. Das schadet dieser Community, von der immer alle reden und das schadet dem Wohlbefinden.

Frauenportrait

Jeden Tag stellen Fotograf*innen in ihren Stories Fragen wie „Warum bekomme ich so wenig Likes auf mein neues Bild? Habe ich es zur falschen Zeit gepostet? Wann soll ich denn posten, damit Ihr es seht? Gefällt Euch das Bild nicht? Gefällt Euch mein Stil nicht? Was soll ich ändern?“

NICHTS! Du sollst nichts ändern, Du sollst Dir nicht Deinen Wecker stellen, um rechtzeitig zu posten und Du sollst Dir nicht von dummen Algorithmen diktieren lassen, wie Dein Stil auszusehen hat oder ob Dein Bild gut oder schlecht ist.

Wir bringen alle Erfahrungen, Erlebnisse und Emotionen mit und mit diesen arbeiten wir. Jedes Mal, wenn wir die Kamera in die Hand nehmen, die Bilder einspielen und die Bildbearbeitung anschmeißen. Das ist unser Prozess, unsere Perspektive und unser Werk und nicht das Werk von „hey great photo check out my profile #ifollowback“.

Kreativität kommt und dann geht sie mal wieder, aber vor allem: irgendwann ist sie auch wieder da. Dann bringt sie sogar noch ein gewisses Gefühl mit, was es irrelevant macht, auf Likes und Follower*innen oder generell andere Meinungen zu hören.

In diesem Moment, mit diesem Gefühl ist es dann nämlich allein relevant, ob in diesem Kneipenchor ein Kopf ist, der nicht mehr so laut singt, freundlich lächelt und sich berührt, inspiriert, belustigt, bewegt, unterhalten oder einfach verstanden fühlt.


kwerfeldein – Magazin für Fotografie http://bit.ly/2RHMqjv

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